Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Die mechanische Verformung eines Polymermaterials beginnt in der Regel mit einer makroskopischen Krafteinwirkung und führt zu kovalenten und nicht-kovalenten Konformations-, Konfigurations- und Konstitutions-Bindungsumlagerungen auf molekularer Ebene. Der gesamte Verformungsprozess erstreckt sich somit über eine Längenskala von etwa sieben bis zehn Größenordnungen, was dessen Analyse und Verständnis zu einer konzeptionellen und instrumentellen Herausforderung macht. Ein umfassender Einblick in die mechanischen Eigenschaften eines Polymermaterials erfordert geeignete Analysewerkzeuge und -techniken, die es ermöglichen, mechanische Informationen auf diesen Skalen zu erfassen und abzubilden. In der Mechanochemie von Polymeren kann die kraftinduzierte Aktivierung eines latenten molekularen Motivs so zugeschnitten werden, dass sie eine nachweisbare Änderung der optischen Eigenschaften bewirkt, wodurch das Motiv zu einer optischen Kraftsonde (OFP) wird. Es besteht ein dringender Bedarf an neuen OFPs mit genau zugeschnittenen optischen Reaktionen, um grundlegende Begrenzungen wie optische Orthogonalität und Komplementarität zu überwinden. So ist beispielsweise die weitere Verschiebung der Anregungs- und Emissionswellenlängen in den roten und IR-Bereich eine Herausforderung. Darüber hinaus ist ein rationaler Ansatz für fluoreszenzlebensdauerbasierte OFPs unbekannt. Generell ist die grundlegende Frage, wie die Kraft angeregte Zustände in OFPs im Zusammenhang mit der Polymer Mechanochemie beeinflusst, noch unbeantwortet, was jedoch eine Voraussetzung für zukünftige rationale OFP-Entwicklungen sein wird. Ziel dieses Projekts ist es, spektral modulierte Annihilatoren und Sensibilisatoren für die Triplett-Triplett-Annihilierung-Photonen-Hochkonversion (TTA UC) sowie Hot-Exciplex-Emitter für Lebensdauermodifikationen zu entwickeln, die auf die kraftinduzierte Veränderung der Energieniveaus von Triplett- und Ladungstransfer (CT)-angeregten Zuständen reagieren. Erstens wird dies die verfügbaren Annihilatoren und Sensibilisatoren für kraftinduzierte TTA UC und lokal angeregte (LE) zu CT verschobene Emissionen modularisieren. Zweitens wird die noch nie dagewesene mechanochemische Aktivierung von Triplett-Sensibilisatoren und CT-Exciplexen zu LE-Brückenemittern demonstriert. Die Kombination dieser einzelnen kraftaktivierten, photophysikalisch aktiven Einheiten in Polymermaterialien wird es ermöglichen, den Bruch in komplexen, uneinheitlichen Umgebungen zu verstehen. Insbesondere die spektralen Eigenschaften von TTA UC werden die Durchführung einer konjunktiven Bruchanalyse ermöglichen, die mit normalen OFPs nur schwer zu erreichen wäre. Gleichzeitig wird die Lebensdaueranalyse den Einsatz der nicht-intensitätsbasierten Mikroskopie (FLIM) ermöglichen und zusätzliche Einblicke in die lokale Mikroumgebung der Bruchzone bieten.

In diesem Projekt werden wir mehrere thermisch stabile, spektral durchstimmbare optische Kraftsonden (OFPs) entwickeln und synthetisieren, deren zu erwartende thermische Zersetzungstemperaturen oberhalb der Verarbeitungstemperaturen von technisch verwendeten Polymeren liegen. Dazu werden [4+4]-Photodimere von Anthracenen, [4+2]-Photodimere von π-ausgedehnten Anthracenen, [4+2]-Cycloaddukte von Dehydrobenzol und Anthracen (Triptycene) und [4+2]-Cycloaddukte von Triazolindion und Anthracen untersucht. Nach der erfolgreichen Synthese der oben genannten OFPs wird die thermische Analyse der OFP-Proben ihre thermische Stabilität bei erhöhten Temperaturen aufzeigen, was auch thermische Dissoziationsgeschwindigkeitskonstanten, Aktivierungsenergien, Dissoziationstemperaturen und mögliche lösungsmittel- sowie konzentrationsabhängige Eigenschaften als Parameter zur Beschreibung ihrer thermischen Stabilität liefern wird. Anschließend werden die OFPs in verschiedene lineare Polymerketten eingebaut, darunter technisch wichtiges Polystyrol (PS) und Polyethylen (PE). Um Polymere mit geringer Dispersität zu erhalten, werden wir die Cu0-vermittelte kontrollierte radikalische Polymerisation für Acrylat- und Methacrylatpolymere, insbesondere Poly(methylacrylat) (PMA), die lebende anionische Polymerisation für PS und die entropiegetriebene ringöffnende Metathesepolymerisation für PE verwenden. Um die mechanochemischen Reaktivitäten der erhaltenen OFP-funktionalisierten linearen Polymerketten zu untersuchen, werden diejenigen mit einer einzigen zentralen Mechanophoreinheit (PMA, PS) anschließend einer sonochemischen Behandlung unterzogen, die zu einer Kettenspaltung führt und schließlich die anscheinenden Ratenkonstanten der Kettenspaltung liefert. Anschließend werden OFP-haltige Polymere unter verschiedenen technischen Bedingungen hergestellt. Wir werden OFP-funktionalisiertes lineares Poly(methylmethacrylat) (PMMA) entweder in MMA-Monomere mit anschließendem Zellgießverfahren einmischen, oder mit handelsüblichem PMMA-Granulat blenden durch Extrusion bei 180-240 °C und Spritzgießen. OFP-funktionalisiertes lineares PS wird mit handelsüblichem hochmolekularem PS gemischt, entweder durch Extrusion und anschließendes Spritzgießen (150-220 °C) oder durch Lösungsmischung mit anschließendem Heißpressen (150 °C). Der letztgenannte Ansatz eignet sich sowohl für Allzweck-PS (GPPS) als auch für Verbundwerkstoffe wie hoch schlagzähes PS (HIPS). Für PE werden wir neben den oben genannten Methoden auch OFP-PE-dotierte PE-Fasern durch Mischen mit ultrahochmolekularem PE (UHMWPE) und Spinnen von Fasern daraus herstellen. Durch die Kombination der anschließenden mechanischen Prüfung der erhaltenen Polymerproben mit der photonenquantitativen konfokalen Laser-Scanning-Mikroskopie (CLSM) wollen wir das Streck- und Bruchverhalten dieser authentisch hergestellten technischen Polymere aufklären.

Das Ziel des Heisenberg-Programms ist es, herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die alle Voraussetzungen für die Berufung auf eine Langzeit-Professur erfüllen, zu ermöglichen, sich auf eine wissenschaftliche Leitungsfunktion vorzubereiten und in dieser Zeit weiterführende Forschungsthemen zu bearbeiten. In der Verfolgung dieses Ziels müssen nicht immer projektförmige Vorgehensweisen gewählt und realisiert werden. Aus diesem Grunde wird bei der Antragstellung und auch später bei der Abfassung von Abschlussberichten - anders als bei anderen Förderinstrumenten - keine "Zusammenfassung" von Projektbeschreibungen und Projektergebnissen verlangt. Somit werden solche Informationen auch in GEPRIS nicht zur Verfügung gestellt.

Konventionelle mechanische Messungen des Spannungs-Dehnungs-Verhaltens an natürlichen oder synthetischen Polymeren sind ungeeignet, das komplexe physikalisch-mechanische Verhalten polymerer Werkstoffe aufzuklären. In jüngster Vergangenheit haben sich jedoch durch bemerkenswerte Entwicklungen im Bereich experimenteller Untersuchungsmethoden sowie auf dem Gebiet der Mechanochemie neue Möglichkeiten eröffnet, mikrostrukturelle Änderungen und Schädigungen in Polymerwerkstoffen in Echtzeit zu analysieren. In diesem Projekt wird durch die Kombination von Experimenten mit externer bzw. interner Strahlung (Röntgenstreuung bzw. mechanochemisch induzierte Fluoreszenz im sichtbaren Bereich) sowie rechnerbasierter Analyse das mechanische Verhalten von Polymeren, insbesondere von Doppelnetzwerk-Hydrogelen, umfassend untersucht. Während die Röntgenstreuung Informationen zur räumlichen Verteilung von geschädigten Domänen in Polymeren liefern kann, sind die Fluoreszenzmessungen geeignet, eine direkte Korrelation zwischen der Intensität des emittierten Lichts und der Schädigungsentwicklung in Doppelnetzwerk-Hydrogelen herzustellen. Diese beiden Methoden werden nützliche Messdaten bereitstellen, um ein mikromechanisches Schädigungsmodell für Doppelnetzwerk-Hydrogele zu generieren, mit dem numerische Analysen durchgeführt werden können. Hierbei wird die physikalische Regulierungstheorie dabei helfen, die sich infolge des inkorrekt gestellten Problems ergebenden komplexen Berechnungen für das kontinuumsmechanische Schädigungsmodell zu verbessern. Die Ergebnisse der numerischen Simulationen werden durch umfassende experimentelle Untersuchungen mittels konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie (CLSM) und Kleinwinkel-Röntgenstreuung (SAXS) verifiziert.

Bundesministerium für Bildung und Forschung

Innerhalb von BoostLab 2, das sich zum Ziel gesetzt hat, schaltbare Klebetechnologien für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, befasst sich das Teilprojekt MultiGlue mit Verklebungen, die auf einen äußeren Reiz hin (Licht, mechanische Kraft, Hitze) gelöst werden. Hierbei werden neue Lösungsansätze für die sortenreine Wiedergewinnung von Werkstoffen aus verklebten Verbundmaterialien entwickelt, um die Recyclingquote von Kunststoffen in Verbundmaterialien mit anderen Kunstoffen, Aluminium oder Papier zu erhöhen.

In MultiGlue wird ein konzeptionell neuartiges Klebstoffsystem entwickelt, das ein einfaches Recycling von geklebten Komponenten, hier beispielhaft Verbundkartons und Mehrschichtverbundfolien, ermöglicht und die Einzelkomponenten der Wertschöpfungskette wiederzuführen kann. Zudem wird der Kleber auf nachwachsenden Rohstoffen basieren. Zur erfolgreichen Umsetzung von MultiGlue bündelt das DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien die Expertisen im Bereich Biotechnologie, Polymerchemie und Materialwissenschaften und adressiert neue Wertschöpfungsketten sowie Marktpotentiale im Recycling durch die Kooperation mit der Universität Bonn, der bio.IMPACT und der Aachen Proteineers GmbH (als strategischer Partner im Unterauftrag).

Leibniz-Gemeinschaft

Die biomedizinische Anwendung selbst-immolativer Polymere hat spannende Anwendungen für Sensoren und die Wirkstofftransport hervorgebracht, die verschiedene physikalisch-chemische Stimuli wie pH-Wert, Enzyme oder Licht nutzen. Im biomedizinischen Kontext werden kommerzielle Mikrobläschen (MB) mit Poly(butylcyanoacrylat)-Hüllen verwendet, die sich bei Anwendung von Ultraschall verformen und brechen. Obwohl diese MB von einem optimierten Ansatz für die mechanische Degradation der MB-Hüllen und die damit verbundene Entfernung aus dem Körper profitieren würden, wurde in dieser Richtung noch keine Forschung betrieben. Wir werden selbst-immolative Polymere entwerfen und synthetisieren, die auf Kraft in Form von Ultraschall reagieren, um die Leistung von MBs im Kontext der Sonopharmakologie zu verbessern.

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